Erwachsenen-PISA: Nicht einmal ein Drittel der Erwachsenen Österreichs können mit der Maus umgehen!

Mindestens jeder 7. Österreicher liest nur wie ein Volksschüler und nur jeder 12. ist ein guter Leser! Den Österreichern fehlen beim Lesen im Durchschnitt fast drei Schuljahre auf Finnland! Komplexere Aufgaben, wie das Navigieren über Webseiten und die eigenständige Problemlösung in mehreren Schritten, bewältigen in Österreich nicht einmal ein Drittel der Erwachsenen (Deutschland: 36%; Österreich 32,4%; OECD: 34%).

Im Aufgabenfeld Lesen – also dem Verstehen, Interpretieren und Bewerten von Texten – erzielten die Teilnehmer der PIAAC-Stuide in Deutschland im Mittel 270 und in Österreich 269 Punkte (OECD: 273). Das beste mittlere Leseverständnis haben der Erhebung zufolge die Menschen in Japan (296 Punkte) und Finnland (288). Sieben Punkte auf der Kompetenzskala entsprechen dabei etwa einem Schuljahr. 10,7 Prozent der Testpersonen in Deutschland und 8,5 Prozent in Österreich erreichen die höchsten Kompetenzstufen (4 und 5). Der OECD-Schnitt liegt bei 11,8 Prozent.

Gleichzeitig sind 17,5 Prozent der Menschen in Deutschland und 15,3 Prozent in Österreich maximal in der Lage, kurze Texte mit einfachem Vokabular zu lesen und ihnen in stark begrenztem Maße Informationen zu entnehmen (Stufe 1 oder niedriger). Der OECD-Schnitt beträgt hier 15,5 Prozent.

PIAAC. Zehn Jahre nach den ersten Ergebnissen der Internationalen Schulleistungsstudie (PISA) präsentiert die OECD mit PIAAC ihre erste Erhebung über die Fähigkeiten und Fertigkeiten Erwachsener. Das Augenmerk der Erhebung gilt ähnlichen Fertigkeiten – Lesen, Alltagsmathematik und Problemlösung –, wie sie auch in PISA untersucht werden. Die Testaufgaben tragen jedoch dem unterschiedlichen Lebenskontext älterer Erwachsener Rechnung. Versucht PISA Wege zu identifizieren, wie Schülerinnen und Schüler besser lernen, Lehrkräfte besser unterrichten und Schulen effektiver arbeiten können, so untersucht PIAAC vor allem, wie Erwachsene ihre Fähigkeiten ausbilden, wie sie diese nutzen und welche Vorteile sie aus ihrer Nutzung erzielen.

Österreich: Digitale Spaltung. Vor die größten Herausforderungen stellte PIAAC die Teilnehmer aller Länder bei der dritten Komponente des Tests, der Problemlösung mittels Computer. Ein beträchtlicher Teil der Erwachsenen hat Schwierigkeiten, digitale Technik und Netzwerke zu nutzen. Bis zu 27 Prozent der Testpersonen haben keinerlei Erfahrung mit Computern oder scheitern an grundlegenden Anforderungen – sie können zum Beispiel keine Maus bedienen (in Deutschland 12,6%; Österreich 13,6%). Daneben lehnte eine Vielzahl von Teilnehmern die computerbasierte Problemlösung trotz vorhandener Computerkenntnisse ab. Von den Erwachsenen, die den Test bearbeitet haben, können die meisten lediglich mit vertrauten Anwendungen umgehen. So schaffen sie es, Probleme zu lösen, die nur wenige Schritte benötigen, etwa das Einsortieren von E-Mails in bereits angelegte Ordner. Komplexere Aufgaben, wie das Navigieren über Webseiten und die eigenständige Problemlösung in mehreren Schritten, bewältigt nur ein Drittel der Erwachsenen (Deutschland: 36%; Österreich 32,4%; OECD: 34%).

Der Abstand zwischen dem besten und dem schlechtesten Land beträgt bei der Lesekompetenz 46 Punkte und bei den mathematischen Fähigkeiten 42 Punkte. Größer noch als die Unterschiede zwischen den Ländern, sind häufig jene zwischen verschiedenen sozialen Gruppen. So verfügen jüngere Erwachsene gegenüber den ältesten Testteilnehmern ihres Landes zumeist über höhere Fertigkeiten in allen drei Bereichen. Auch in Deutschland und Österreich ist der Abstand zwischen der jüngsten und der ältesten Gruppe beträchtlich (Tab. A.3.2 (L)/(N)). Die besten Leistungen verzeichnen, wie fast überall, die 25- bis 34-Jährigen. „Die Bewegung zwischen den Generationen beweist: Kompetenzen sind gestaltbar“, sagte die Bildungsdirektorin der OECD, Barbara Ischinger, bei der Vorstellung der Studie in Berlin. „Länder wie Korea und Finnland haben in den vergangenen Jahrzehnten enorme Fortschritte erzielt. Sie zeigen uns, was mit gezielter politischer Förderung möglich ist.“

So ist etwa der mittlere Stundenlohn von Arbeitskräften, die in der Lage sind, beim Lesetest komplexe Schlussfolgerungen zu ziehen und Argumente zu prüfen (Stufe 4/5), im OECD-Schnitt über 60 Prozent höher als der von Arbeitskräften, die lediglich die Kompetenzstufe 1 oder weniger erreichen. In Deutschland und Österreich ist dieser Zusammenhang sogar noch stärker ausgeprägt als in vielen anderen Teilnehmerländern (Abb. 6.4). Auch die Wahrscheinlichkeit, dass Menschen eine Arbeit haben, steigt mit den Kompetenzen. Für Testpersonen, die im Lesen Stufe 4 oder 5 erreichen, ist sie im OECD-Schnitt fast doppelt so hoch wie für jene auf Stufe 1, in Deutschland liegt sie fast vier Mal höher.

An dem Test nahmen rund 166 000 Erwachsene im Alter von 16 bis 65 Jahren und aus 24 Ländern und Regionen teil. Aus der OECD waren das Australien, Belgien (Flandern), Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Irland, Italien, Japan, Kanada, Korea, die Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Schweden, die Slowakische Republik, Spanien, die Tschechischen Republik, das Vereinigte Königreich (England und Nordirland) und die Vereinigten Staaten. Außerhalb der OECD beteiligten sich Zypern und die Russische Föderation.

Befragt wurden Erwachsene, die zum Zeitpunkt der Datenerhebung in dem Teilnehmerland lebten, unabhängig von Staatsangehörigkeit oder Muttersprache. Der Test erfolgte in der Amtssprache des entsprechenden Landes, bei den Teilnehmern zu Hause, je nach Computerkenntnissen an einem Laptop oder in gedruckten Testheften.

Der Stichprobenumfang hing in erster Linie von der Zahl der untersuchten Bereiche sowie der Zahl der Testsprachen ab und reichte von etwa 4 500 bis 27 000. In Deutschland nahmen 5465 Personen teil, in Österreich 5130.

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